Überall fehlt das Personal: Kunden und Gäste müssen sich anpassen?

Überall fehlt das Personal: Kunden und Gäste müssen sich anpassen?

In den Salzburger Nachrichten vom 12.8.2023 finden sich auf wenigen Seiten folgende Headlines:

Kunden und Gäste müssen sich anpassen – Die Personalnot zwingt zum Umdenken (Gastronomie)

660 Seniorenwohnheimplätze sind in Salzburg derzeit leer, 470 davon weil das Personal fehlt (Altenpflege)

Personalengpass: 130 Bewerbungen im Juni (Öffentlicher Verkehr)

Überall fehlt das Personal – und wir, die Kunden und Gäste, wir sollen uns anpassen?

Das ist wohl falsche Weg.

Viel eher drängt doch diese Frage: Warum fehlt das Personal überall?

Demographischer Wandel hin oder her: Oft sind es Frust über mangelhafte Teamkultur, niedriges Gehalt oder Überstunden, die dazu führen, dass so viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland frühzeitig ihre Jobs kündigen. Das zeigt die aktuelle XING Studie „Hätte ich’s doch gleich gewusst“.

„Jeder zweite Deutsche hat aus Unzufriedenheit in seinem neuen Job seine gerade angetretene Stelle bereits in der Probezeit oder im ersten Jahr gekündigt.“

Diese Unzufriedenheit scheint besonders bei den Jungen in der Generation Y stark ausgeprägt – 58 Prozent haben in den ersten 12 Monaten gekündigt – das sind mehr als in jeder anderen Altersgruppe, so die aktuelle Studie von XING und dem Meinungsforschungsagentur Apponio*.

Mitnichten sind es also Gäste oder Kunden, die sich hier ändern müssen.

Es ist die Führung, die sich ändern muss!

Und zwar so, dass das Personal gerne bleibt. Wie das geht?

XING bringt die Erfolgsfaktoren der neuen Führungskultur gut auf den Punkt:

  • Zusammenarbeit und Teamarbeit
  • Förderung der Eigenverantwortung
  • Flexibilität und Anpassungsfähigkeit
  • Sinnstiftung und Werteorientierung
  • Einfühlungsvermögen und emotionale Intelligenz

Besonders Letzteres, die Fähigkeit mit eigenen Emotionen und den von anderen einfühlsam umzugehen, ist es, die eine Fachkraft zur guten Führungskraft macht. Nur: Diese emotionale Intelligenz können und dürfen Sie nicht automatisch voraussetzen. Was aber jeder kann, ist lernen, wie man emotional intelligent führt.

Und das ist eine gute Nachricht!

„Emotionale Intelligenz ist ein individuelles Persönlichkeitsmerkmal und die eigene Persönlichkeit verändert man nicht so leicht. Wie man aber emotional intelligent führt, das kann man trainieren, denn das ist ein Verhalten. Was es dazu braucht, ist eine gewisse Nachhaltigkeit: Es ist wie beim Klavierspielen, man muss ständig üben. Ein Wochenendseminar bewirkt nicht viel. Echte Verhaltensänderung entsteht nur durch Wiederholung und kontinuierliche Begleitung im Prozess.“ Christian Holzer, Mitgründer ei-Institut. Siehe auch: Führen: Mit Gefühl bitte!

Wie ist es um die emotionalen Intelligenz in Ihrer Führung bestellt?

Wir machen bei Ihnen den Test: Das Institut für Emotional Intelligente Unternehmensführung hat dazu 101 Fragen definiert – anhand von 8 Faktoren identifizieren wir das noch brach liegende Potenzial in Ihrer Führungskultur.

Wenn Sie Ihr Potenzial kennen, dann sitzen Sie wieder fest hinterm Steuer Ihres Unternehmens – und nicht Ihre Gäste, Kunden oder Mitarbeiter.

Was es sonst noch braucht, damit Ihr Personal bleibt?

Das lernen Sie beim 7. WorkVision BarCamp zum Thema „Cultural Fit: Das Gefühl beim Richtigen zu sein“ beim Austausch mit Gleichgesinnten – auf Augenhöhe, versteht sich.

Klein, fein, exklusiv –> Am 9. und 10. November, Altes Mühlhaus, Salzburg

Kundenbindung geht anders

Kundenbindung geht anders

Jetzt ist es gut ein Jahr her, dass ich 159,- Euro für 2 Stunden Parken bezahlt habe, vor wenigen Wochen hatte meine Tochter das gleiche Erlebnis, Parkzeitüberschreitung: 65 Euro. Ja, ich gestehe: ich habe nicht nur eingekauft, sondern auch einen Termin in der Nähe wahrgenommen. Selbst schuld? Natürlich. Aber …

Immer öfter passiert es, dass Parkplätze von Geschäften rigoros überwacht und von den engagierten Firmen hohe Aufwandsentschädigungen in Rechnung gestellt werden.

Der Kundenservice des Unternehmens argumentiert folgendermaßen: „Uns ist es sehr wichtig, die Bedürfnisse unserer Kunden zu kennen. Nur so können wir das beste Service für unsere Kunden bieten. Dazu gehört es auch, unseren Kunden ausreichend Parkplätze zur Verfügung zu stellen. Deshalb haben wir die Parkzeit mit einer Stunde begrenzt. Darauf haben wir auch mit einer entsprechenden Beschilderung am Parkplatz hingewiesen. Die Firma Park & Control unterstützt uns dabei und übernimmt die Parkraumüberwachung. Zusätzlich zu einer Stunde Parkzeit wird eine Kulanz von 30 Minuten berücksichtigt. Alle eingehobenen Aufwandsentschädigungen laufen daher auch nicht über uns, sondern über dieses Unternehmen.“

Sachlich ist die Argumentation ja gut nachvollziehbar: Kunden brauchen Parkplätze. Aber auch ich bin Kunde.

Werfen wir einen Blick auf das 2. Axiom von Paul Watzlawick, wird sofort klar, dass meine Bedürfnisse als Kunde dabei unberücksichtigt geblieben sind: „Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt, wobei letzterer den ersten bestimmt“. Die Beziehung zwischen Kunde und Geschäft ist letztendlich eine Kooperationsbeziehung und die Basis jeder Kooperation ist Vertrauen. Und Ärger ist keine gute Grundlage für Vertrauen. Dazu kommt noch, ist das Vertrauen einmal gebrochen, ist es sehr aufwendig, es wieder herzustellen.

Ich gehe hier aber noch einen Schritt weiter: Wenn wir annehmen, dass diese erlebbare Customer Experience als äußeres Zeichen der im innen gelebten Unternehmenskultur zu sehen ist, dann stellt sich die Frage, was die Mitarbeiter:innen dieser Unternehmen erleben?

Dieser Frage liegt nahe, wenn wir das Seerosenmodell von Edgar Schein betrachten:

An der Oberfläche liegen die sichtbaren Verhaltensweisen und andere physische Manifestationen, Artefakte und Erzeugnisse. Beispiele sind Kommunikationsverhalten mit Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten, Logo, Parkplätze, Bürolayout, verwendete Technologie, das Unternehmensleitbild aber auch die Rituale und Mythen der Organisation.

Unter dieser Ebene liegt das Gefühl, wie die Dinge sein sollen; kollektive Werte sind beispielsweise „Ehrlichkeit“, „Freundlichkeit“, „Technik-Verliebtheit“, „spielerisch“, „konservativ“ usw. also Einstellungen, die das Verhalten von Mitarbeiter:innen bestimmen.

Auf der tiefsten Ebene sind die Dinge, die als selbstverständlich angenommen werden für die Art und Weise, wie man auf die Umwelt reagiert. Diese Grundannahmen werden nicht hinterfragt oder diskutiert. Sie sind so tief im Denken verwurzelt, dass sie von Mitgliedern der Organisation nicht bewusst wahrgenommen werden.

Unternehmenskultur wird nicht bewusst wahrgenommen, aber gelebt und über Resonanzphänome in alle Ecken des Unternehmens getragen und zu den Kunden. Somit erlebt der Kunde, die Kultur, die die Mitarbeiter:innen als Employee Experience erleben, als Customer Experience.

„Überall da, wo Menschen Dienstleistungen für andere erbringen, wird die Zufriedenheit, die man bei Kunden, Klienten oder Patienten zu erzeugen vermag, als Resonanz zurückkehren. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu ermutigen und sie so fort- und weiterzubilden, dass sie ihre Tätigkeit beziehungsorientiert gestalten, ist eine Aufgabe, die von vielen Arbeitgebern und Vorgesetzten erfolgreich eingesetzt, noch viel häufiger aber vernachlässigt wird“ (Joachim Bauer).

Wenn also das Vertrauen nicht nur bei den Kunden gebrochen, sondern auch meine These stimmt, dass sich die Employee Experience in der Customer Experience spiegelt, dann kann das in Zeiten des Fachkräftemangels fatale Folgen haben.

Es ist aber auch das Gegenteil möglich: Cultural Fit: Das Gefühl beim Richtigen zu sein. Unser diesjähriges WorkVision BarCamp® widmet sich diesem Thema.

Literatur:

  • Stefanie Widmann und Martin Seibt (2016): Zukunftsmodell Kooperation. Publicis.
  • Edgar H. Schein, Peter Schein, et al. (2017): Organizational Culture and Leadership, Fifth Edition. Audible Hörbuch.
  • Joachim Bauer (2022): Wie wir werden, wer wir sind. Heyne Verlag.
  • Martin Seibt und Chris Holzer (2021): Glückliche Menschen haben Erfolg. bookboon.
Mitarbeiter:innen emotional binden

Mitarbeiter:innen emotional binden

42 Prozent der deutschen Beschäftigten fühlen sich gestresst, mehr als im Vorjahr. Die emotionale Bindung an den Arbeitgeber ist auf dem Tiefstand. Was machen die Führungskräfte falsch? titelt der Spiegel und bezieht sich damit auf eine aktuelle Gallup Studie.

Die Boston Consulting Group schätzt die durch den Arbeitskräftemangel bedingte Wirtschaftsminderleistung in Deutschland auf jährlich 84 Milliarden Euro, schreibt Hays in einem aktuellen HR-Report zum Thema Mitarbeiterbindung. Mitarbeiter:innen, die ein Unternehmen verlassen, nennen oft die Führung als Grund. Beschäftigte, die von guter Führung berichten, fühlen sich weniger gestresst und mehr gebunden als Beschäftigte, deren emotionale Bedürfnisse am Arbeitsplatz übersehen oder ignoriert werden. Das lässt sich auch neurobiologisch gut nachvollziehen.

Von Führung erwarten Mitarbeitende vor allem, dass ihre Leistung anerkannt wird. Zweitens wünschen sie sich einen fairen Umgang zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden. Darüber hinaus sollte sich eine Führungskraft ausreichend Zeit für die Anliegen ihrer Mitarbeitenden nehmen, so Hays weiter. Wir haben dazu ein Diagnose-Tool und einen Workshop entwickelt.

In 8 Faktoren zu emotional intelligenter Unternehmensführung

Workshop von Martin Seibt und Christian Holzer

Führungskräfte wünschen sich zur Verortung ihrer Tätigkeit gerne Kennzahlen: Umsatz, Gästezahlen, Wareneinsatz, Umbaukosten etc., organisatorische technische Themen also. Aber einfach nur managen erschafft wenig Sinngestaltung und zu wenig Potenzialentfaltung für die Menschen im Unternehmen. Der Blick auf die sozialen Beziehungen schafft eine Erweiterung im Führen. Menschen werden in ihrer Gefühlswelt positiv erreicht: Kooperationsvermögen, Kommunikationsverhalten, Herzenswärme, Hilfsbereitschaft und Vertrauenswürdigkeit entsteht

Emotionale Intelligenz ist intrapersonell, persönlichkeitsorientiert und somit schwer veränderbar – emotional intelligente Unternehmensführung ist interpersonell, handlungsorientiert und somit leichter adaptierbar. Somit liegt der Focus auf der Entwicklung von emotional intelligenter Unternehmensführung und dessen Nutzen für Führungskräfte und Unternehmen.

Emotional intelligente Unternehmensführung basiert u.a. auf Otto Scharmer, Friedrich Glasl und Ed Schein nachzulesen bei: Holzer/Seibt: Glückliche Menschen haben Erfolg. Führungskultur im digitalen New Work.

Nutzen/Ergebnisse für die Teilnehmer:innen an diesem Workshop könnte sein:

  • Emotionale Sicherheit schafft einen Nährboden der Offenheit und des Miteinanders.
  • Mitarbeiter und Führungskräfte bauen Vertrauen für mehr Gemeinsamkeit und mehr Gleichwertigkeit auf.
  • Komplexität begegnen.
  • Führung ist Freundlichkeit und Zuhören, aber nicht der beste Freund sein und manchmal unpopulär und oft notwendige Bestimmtheit und Klarheit.
  • Erkennen und Vergabe von Themenführerschaften.
  • Mehr spielerisches Entwickeln.
  • Bausteine für Improvisation.
  • Soziales Verhalten und Unternehmenskultur erhält einen höheren Stellenwert

Teilnehmer:innen sollen aufbauend auf 8 Leitfaktoren der emotional intelligenten Unternehmensführung ihren Fragenkatalog für das eigene Unternehmen mitnehmen und erhalten damit ein Werkzeug um ihre Mitarbeiter:innen zu binden.

Führung auf Distanz

Führung auf Distanz

Eine Erfahrung aus der Covid Krise

Komplexe Situationen wie die COVID-Krise machen Angst. Die Aufgabe guter Führung ist es, dieser Angst entgegenzuwirken – auch über die Distanz. So kann das gelingen:

Je mehr auf Distanz gearbeitet wird, umso wichtiger ist die Nähe durch die Führungskraft.

Komplexität macht Angst, das ist neurobiologisch gut nachvollziehbar. Je mehr Cortisol in unserem Blutkreislauf zirkuliert, umso mehr Oxytocin ist notwendig, um dieses wieder abzubauen. Oxytocin wird als „Bindungshormon” gebildet, wenn wir in intensiven, emotional erfüllenden sozialen Kontakten sind. Führung muss darauf Rücksicht nehmen, will sie nicht die Mitarbeiter:innen mit Burnout-Symptomen verlieren.

Wenn uns die Covid-19-Pandemie eines aufgezeigt hat, dann ist es unser Umgang mit Krisen und Komplexität. Unser Verhalten während dieser Krise macht deutlich, wie wir persönlich und im Unternehmen mit Krisen umgehen.

Was ist eine Krise?

Eine Krise ist eine schwierige Lage, Situation, Zeit (die den Höhe- und Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt); Schwierigkeit, kritische Situation; Zeit der Gefährdung, des Gefährdetseins, so der Duden.

Krisen sind darüber hinaus dadurch gekennzeichnet, dass Sie eine Situation darstellen, die wir nicht managen können, in der viele Aspekte neu sind, manche noch weniger gut bekannt, Auswirkungen und Zusammenhänge unklar bleiben. Das gleiche gilt für Komplexität. Wir können somit eine Krise durchaus mit einer komplexen Situation vergleichen.

Auf eine einfache Formel gebracht: Krise = Komplexität + Angst

„Corona” war beides: Krise und Musterbeispiel für eine komplexe Situation. Betrachtet man das einzelne Individuum, kommt in heftigen Krisen dann auch noch eine Portion Angst (Angst vor der Krankheit, Existenzangst, Angst den Arbeitsplatz zu verlieren, …) dazu, was den Umgang nicht einfacher macht.

Dietrich Dörner beschreibt in seinem Buch „Die Logik des Misslingens“ Komplexität in wunderbar einfachen Worten:

„… dass ein Akteur in einer komplexen Handlungssituation einem Schachspieler gleicht, der mit einem Schachspiel spielen muss, welches sehr viele … Figuren aufweist, die mit Gummifäden aneinander hängen, sodass es ihm unmöglich ist, nur eine Figur zu bewegen. Außerdem bewegen sich seine und des Gegners Figuren auch von allein, nach Regeln, die er nicht genau kennt oder über die er falsche Annahmen hat. Und obendrein befindet sich ein Teil der eigenen und der fremden Figuren im Nebel und ist nicht oder nur ungenau zu erkennen.“

Komplexität macht Angst

Zu der digital erzeugten Distanz kommt nun oben beschriebene Komplexität von Organisationen und Unternehmen hinzu, die wir nur sehr schwer handhaben können. Der Hirnforscher John-Dylan Haynes spricht von zwei Herausforderungen, um mit Komplexität umzugehen:

Erstens der „Stationaritätsannahme”: Wir Menschen nehmen an, dass es morgen genauso wird, wie es heute ist. Wie wir in der zurückliegenden Krise gesehen haben, ist das falsch.

Und zweitens: Um mit Komplexität umzugehen, müssen wir extrem vereinfachen. Komplexität lebt aber von exponentiellen Entwicklungen, Ambiguität, Latenzen und Trägheit sowie unerwarteten Effekten. Eine Vereinfachung ist nahezu unmöglich.

Wir können also Krise, Komplexität und Dynamik sehr schwer handhaben. Dies verursacht bei uns Unsicherheit und mit Unsicherheit kann wiederum unser Gehirn schwer umgehen.

Die Dynamik der Angst

Jegliche Form von Unsicherheit löst bei uns im Gehirn eine Vorsichts-, Angst- oder Panikreaktion aus. Diese wiederum löst die neurobiologische Stressreaktion aus, die die Aufmerksamkeit auf die Gefahr und die notwendige Energie für Angriff, Erstarrung oder Flucht bereitstellen soll.

Als erster Neurotransmitter tritt Adrenalin in Aktion. Einmal ins Blut ausgeschüttet vermittelt Adrenalin eine Herzfrequenzsteigerung, einen durch Blutgefäßverengung bewirkten Blutdruckanstieg und eine Bronchiolenerweiterung. Das Hormon bewirkt zudem eine schnelle Energiebereitstellung durch Fettabbau sowie die Freisetzung und Biosynthese von Glucose.

Für die länger andauernde Stressreaktion ist dann Cortisol zuständig. Es aktiviert katabole (= abbauende) Stoffwechselvorgänge und stellt so dem Körper energiereiche Verbindungen zur Verfügung. Seine dämpfende Wirkung auf das Immunsystem ist langfristig gesundheitsschädlich.

Stress und seine Gegenspieler

Stress war und ist immer überlebensnotwendig, aber gleichzeitig schädlich. Aus diesem Grund gibt es im Körper des Menschen zwei Gegenreaktionen. Dem Stressverarbeitungssystem stehen das interne Beruhigungssystem und das Bindungssystem gegenüber.

Das interne Beruhigungssystem ist überwiegend der Neuromodulator Serotonin. Er hat mitunter eine beruhigende Wirkung und ist so als Gegenspieler von Cortisol von Bedeutung.

Der zweite Gegenspieler von Cortisol ist das Neuropeptid Oxytocin, das Bindungshormon. Hierdurch werden Soziale Emotionen und Verhaltensweisen aller Art begünstigt, einschließlich Vertrauen und Empathie gegenüber angenehmen Sozialkontakten. Die Ausschüttung von Oxytocin fördert meist auch eine Ausschüttung von Serotonin. Es hat jedoch auch selbst stressmindernde Funktion.

Die Bedeutung der Verbundenheit

Selbstberuhigung und Bindung reduzieren also Stress. Hier wird Führung wichtig: Je mehr auf Distanz gearbeitet wird, umso wichtiger ist die Nähe durch die Führungskraft. Gerald Hüther spricht in diesem Zusammenhang von zwei Grundmotivationen des Menschen „Verbundenheit” und „Entfaltung und Gestaltung”. Verbundenheit ist die Primärerfahrung eines jeden Menschen, weil er ganz am Anfang seiner Existenz, ohne verbunden zu sein, nicht hätte überleben können. Dieses Grundbedürfnis wird er nie wieder los. Dies muss die Führungskraft wissen und berücksichtigen, aber wie?

In Unternehmen und Institutionen haben wir nicht immer Krisen, aber sehr oft komplexe Situationen. Verstärkend kommt hinzu, dass in den letzten Jahren die Zusammenarbeit mehr und mehr über Distanz verläuft. Homeoffice und dezentrale Teams in international agierenden Unternehmen gibt es schon lange, durch die notwendige Distanz in der Covid-19-Pandemie wurde jedoch eine Entwicklung beschleunigt, die durch den Metatrend Digitalisierung schon vorgezeichnet war: Kommunikation über digitale Medien.

Führung ist immer real

Führung wird somit in der Zukunft noch mehr auf Distanz vonstattengehen, als es bisher schon üblich war. Üblicherweise spricht man dann von virtueller Führung, wenngleich dies den Tatsachen keineswegs gerecht wird. Führung ist nicht virtuell, Führung ist immer real, ob sie stattfindet oder auch nicht, wie auch immer sie im Detail gelebt wird, die Wirkung auf die Mitarbeiter:innen ist real. Auch wenn das Medium, über das die Führungskommunikation läuft, digital ist, ist nichts in unserer Zusammenarbeit virtuell. Die Fehler, die passieren, sind es nicht. Die Fehler passieren real. Und auch die Erfolge sind es nicht. Die Konflikte auf Distanz sind genauso real, als ob sie im Büro passieren würden und die daraus folgenden Umsatzeinbrüche sind real. Die Verantwortung liegt bei den Führungskräften.

Virtuelle Führung als spezielle Form der Führung ist also ein Mythos. Fehlt die persönliche Ebene, weil die Kommunikation auf Distanz verläuft, kann dies bestehende Mankos sogar noch verstärken. Eine Mail, die auf einen Fehler hinweist, die Kolleg:innen in cc, hat Auswirkungen auf die kritisierte Person. Der Gesichtsverlust, die mangelnde Wertschätzung und die Demotivation, die diese Mail auslöst, sind somit sehr real. Natürlich hätte im Rahmen einer Präsenzveranstaltung ein Tadel im Kreis der Kolleg:innen die gleiche Auswirkung. Er macht die Menschen unglücklich. Aber da hätte vielleicht eine abmildernde Geste oder auch ein(e) deeskalierende(r) Kollege:in helfen können.

Dies zeigt auch eine Studie von Capgemini, die deutlich macht, dass für die neue hybride Arbeitswelt auch neue Ansätze der empathischen Mitarbeiterführung erforderlich sind. So sehen Mitarbeiter:innen eine Diskrepanz zwischen den wichtigsten Fähigkeiten, die sie von Führungskräften erwarten, und deren derzeitigem Leistungsniveau. Aus Sicht der Mitarbeiter:innen halten 75 Prozent emotionale Intelligenz für eine wesentliche Eigenschaft, aber nur 47 Prozent glauben, dass die Führungskraft in diesem Bereich wirklich kompetent sind. Ähnlich verhält es sich mit effektiver und kontinuierlicher Kommunikation (78 zu 53 Prozent) und Vertrauenskultur (84 zu 50 Prozent).

Ein erster Gedanke wäre vielleicht: „… am Anfang eines Online-meetings ein paar freundliche Worte zu sprechen, zu fragen, wie es geht, um dann schnell zur Sache zu kommen. Es geht ja schließlich um Umsatz und Gewinn. Als Chef bin ich ja nicht für’s Wohlbefinden meiner Mitarbeiter:innen zuständig, da sollen sie sich selbst darum kümmern.” Weit gefehlt. Zuständig nicht, aber es zahlt sich aus, denn glückliche Menschen haben Erfolg. Und glücklich machen uns Beziehungen, das haben Forschende der Harvard Uni in einer Langzeitstudie nachgewiesen. „Obwohl Menschen sehr unterschiedlich ticken und jeder von uns höchst individuelle Vorstellungen von einem glücklichen Leben hat, ist es überraschenderweise doch so, dass sich ein einziger Faktor bei der Harvard-Studie und anderen internationalen Langzeitstudien als eindeutig am wichtigsten herausstellt: gute Beziehungen. Damit sind nicht unbedingt nur Paarbeziehungen gemeint, sondern auch Freundschaften, Familie, Kolleginnen und Kollegen, Nachbarschaftsbeziehungen oder Zufallsbegegnungen.“ Somit auch Führungskräfte.

Bemerkenswert an der Harvard-Studie ist auch, dass deutlich wird, wie stark psychische und körperliche Faktoren verbunden sind: Isolierte Menschen, die kein ausreichendes soziales Umfeld haben, weisen signifikant höhere Stresshormone auf und schließlich auch schlechtere Blutwerte.

Angst nehmen, Zuversicht zeigen

Was können wir also tun? Die Idee ist denkbar einfach: Mensch sein. Mehr Ehrlichkeit, positive Fehlerkultur, die Angst nehmen und Zuversicht zeigen.

Mehr Ehrlichkeit: Ehrlichkeit signalisiert Nähe, Floskeln sind distanziert. In komplexen Situationen kann ich auch als Chef nicht alles überblicken. Jede Entscheidung ist besser, als keine Entscheidung. Stehen sie zu Ihren Entscheidungen, auch wenn Sie manchmal falsch sind.

Positive Fehlerkultur: Ein Fehler ist erst ein Fehler, wenn man ihn zum zweiten Mal macht. Davor ist er ein Lerngutschein. Leben Sie diese Fehlerkultur als Vorbild vor.

Angst nehmen: Menschen wählen nicht das, was sie am liebsten haben, sondern Menschen wählen das, was sie am wenigsten fürchten. Nehmen Sie ihren Mitarbeiter:innen die Ängste.

Zuversicht zeigen: Menschen vergessen das Gesagte, aber sie erinnern sich an das Gefühl. Signalisieren Sie ein gutes Gefühl, ein Vertrauen in Ihre eigenen Entscheidungen und in die Zukunft.

Bei diesen vier Aspekten ist es völlig egal, ob sie digital oder face to face stattfinden.

Diese vier Aspekte machen den Menschen in uns aus, denn wenn wir als Chef auch noch Mensch sind, ist die Nähe inkludiert. Wenn wir durch unsere Führung Unsicherheit absorbieren, haben die Mitarbeiter:innen den Kopf frei für ihre eigentliche Aufgabe. Bringen wir es noch mal auf eine einfache Formel:

Komplexität – Unsicherheit = Chance

Dieser Artikel beruht auf einen Beitrag bei Port41 So geht selbständig

Mehr dazu in unserem e-book: „Glückliche Menschen haben Erfolg“

… oder Sie buchen eine ei-Diagnose bei uns. Wir ermitteln mit Ihnen den Grad Ihrer emotional intelligenten Unternehmensführung.

Quellen:

Crummenerl, Claudia (2021): Re-learning leadership. Capgemini. Studie.

Dörner, Dietrich (2006): Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen. rororo Science.

Roth, Gerhard und Nicole Strüber (2014): Wie das Gehirn die Seele macht. Klett-Cotta

Traxler, Tanja (2023): Jahrzehntelange Studie enthüllt, was uns glücklich macht. In: Der Standard, 29.1.2923.

Lilli und die Chaostruppe

Lilli und die Chaostruppe

Am Beginn der Wintersaison 2019 bekam ich eine Vortragsanfrage aus einem bekannten österreichischen Skidomizil, mit dem Ziel die Mitarbeiter:innen eines Hotels, für die kommende Wintersaison zu motivieren: „Für unser Kick off Event (Start Wintersaison) am … in … würden wir einen Vortragenden im Bereich Motivation, Gästebegeisterung etc. suchen, der unserer Mitarbeiter auf die kommenden Monate einstimmt. Der Vortrag sollte höchsten 60 Minuten dauern, leicht verständlich sein (da wir auch einige Mitarbeiter haben, deren Muttersprache nicht Deutsch ist)“. Ich musste diese Zeilen wirklich 2x lesen, um die Widersinnigkeit dieser Anfrage zu verstehen.

In meiner Lieblingsskihütte läuft das anders. Dort sehe ich jedes Jahr die gleichen Menschen im Service. Der Gast wird persönlich bedient, der Chef steht hinter der Bar, die Chefin hilft in der Küche aus, weil wieder mal Not am Mann ist. Der Gast will schnell trinken und essen, weil jede Minute läuft die Skikarte. Und jetzt das Wichtigste – alle haben Spaß und sind motiviert. Wie kann das gehen? Mit einem Motivationsvortrag am Anfang der Saison?

Motivation ist ein biologischer Prozess. Indem wir uns auf etwas freuen oder auf ein freudiges Ereignis vorbereiten, schüttet unser Hirn den Botenstoff Dopamin aus. Dopamin gibt uns einerseits ein gutes Gefühl und bereitet andererseits den Körper auf die kommende Aktivität vor. Das blöde dabei ist, wenn der aktivierende Reiz von außen kommt (Extrinsische Motivation), schwächt er ganz schnell ab. Belohnung ist nicht mehr reizvoll, wenn ich schon sicher weiß, dass ich sie bekomme. Wir brauchen somit immer einen neuen oder stärkeren Reiz. Außer wir sind aus uns selbst motiviert, haben Spass an der Arbeit, im Umgang mit dem Kunden, im Kontakt mit den Kollegen, freuen uns jeden Tag im Team etwas zu schaffen, ….

Die Freude muss also aus uns selbst kommen (Intrinsische Motivation) und nicht von außen. Dabei ist wichtig, dass die Führung menschlich auf die Mitarbeiter eingeht und ihnen ihre Individualität belässt, denn jeder Mensch hat zwei wichtige Grundmotivatoren:

Verbundenheit und Entfaltung – Gestaltung: Nur wenn sich das Kind an der Hand der Mutter (Verbundenheit) sicher fühlt, wird es die Umgebung erkunden (Entfaltung und Gestaltung). Als Eltern ist uns das ganz klar, warum tun wir es nicht auch als Führungskräfte?

Ich habe dazu auch ein e-book verfasst und eine Artikel auf port41.

In meiner Lieblingsskihütte dürfte das wohl so laufen, sonst würde ich dort nicht immer so begeisterte und begeisternde Mitarbeiter:innen antreffen – auch wenn es mal superstressig ist. In der Speisekarte dieser Skihütte steht übrigens genau, was den Gast erwartet (neben den Speisen und Getränken): „Einen schönen Skitag wünschen: Lilli und Georg und die Chaostruppe“

Ach ja, da war ja noch die Vortragsanfrage: Ich habe dankend abgelehnt – das ist Aufgabe der Führung.